Der Europäische Tag des Gedenkens an die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus wurde vom Europäischen Parlament 2008 initiiert. Deutschland tut sich bis heute schwer damit, diesen Gedenktag würdig zu begehen. Er erinnert an den Hitler-Stalin-Pakt, der am 23. August 1939 unterzeichnet wurde. In einem geheimen Zusatzprotokoll teilten die beiden Diktatoren Osteuropa unter sich auf. Der Nichtangriffsvertrag, wie der Pakt offiziell genannt wird, ermöglichte es Hitler am 1. September 1939 den Aggressionskrieg gegen Polen zu beginnen. Am 17. September folgte Stalin mit dem Überfall auf Ostpolen. In der Mitte des Landes trafen sich die Verbündeten zu einer gemeinsamen Siegesparade. Am 28. September 1939 wurde aus dem Nichtangriffsvertrag ein Deutsch-Sowjetischer Grenz- und Freundschaftsvertrag. Stalin erhielt Zugriff auf Finnland, Estland und Lettland und erhob nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges Anspruch auf ganz Osteuropa.
Das geheime Zusatzprotokoll stand in der DDR auf dem Index und war nur ausgewählten Spezialisten bekannt. Der Einmarsch Stalins in Polen fand in den Geschichtsbüchern nicht statt. Über Stalins Verbrechen wurde auch nach dem Ende des Stalinismus nicht geredet. Die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in der DDR machte alle guten Sozialisten zu Siegern der Geschichte und ist einer der vielen Gründe, weshalb rechte Parteien in Ostdeutschland so erfolgreich sind.
Wer heut an die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus gemeinsam erinnern will, gerät schnell in den Verdacht die Singularität des Völkermordes an den Juden zu leugnen und zu verharmlosen. Es hat lange gedauert, bis die Chiffre „Ausschwitz“ nicht mehr nur als Synonym für den Holocaust stand, sondern Homosexuelle, Sinti und Roma, Behinderte und andere Opfergruppen einschloss. Nach länger hat es gedauert, bis auch andere Völkermorde als Genozid bezeichnet werden konnten. Noch vor wenigen Jahren hat sich der damalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier geweigert den Völkermord an den Armeniern 1915 als solchen zu benennen. Und bis heute tut sich die deutsche Regierung schwer damit den Genozid in Namibia anzuerkennen.
Der Europäische Tag des Gedenkens an die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus ist der Versuch einer gesamteuropäischen Erinnerung an die Verbrecherischen Totalitarismen des 20. Jahrhundert. Er verdrängt nicht den Internationalen Gedenktag an die Opfer des Holocaust, sondern ergänzt diesen.
Der Bürgerverein Wittenborn e.V. nutzt den Gedenktag, um daran zu erinnern, dass die große Weltgeschichte auch vor der eigenen Haustür stattfindet. In einem Wittenborner Dorfgespräch unterhält sich Marita Richter mit Eleonore Wolf über die Lager in Fünfeichen.
Die Veranstaltungsreihe „Landwege – 30 Jahre noch der Friedlichen Revolution“ wird gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED – Diktatur und der Stiftung für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement in Mecklenburg-Vorpommern.
Wittenborner Dorfgespräch
Die Lager in Fünfeichen
23. August 2019, 19 Uhr
Dorfkirche Wittenborn
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